In einer Welt, in der Sequelism, also der Hang zur unendlichen Fortsetzung, alle Bereiche von Fiktion fest in seiner Hand hält und so gut wie jede Young Adult-Dystopie mindestens eine Trilogie ist, die dann später in vier Filmen und/oder einer 2+ Staffel-Serie auf der Leinwand landet, sollte sich eigentlich jeder an die Erfolgsformel dieser Geschichten gewöhnt haben. Eine (angeblich) starke Heldin, ein Love Interest mit mehr Muskeln als Hirn, irgendeine böse Gesellschaft und die grundsätzliche Annahme, dass nur eine 16-Jährige Auserwählte auf die Idee kommen kann, irgendetwas in die Richtung einer Revolution anzuzetteln. Genau genommen kann man ja auch nichts dagegen sagen, denn diese Geschichten verkaufen sich ja, oder?
Doch, kann man. Und zwar eine ganze Menge.
Birmingham 1919: Ein Mann reitet eine heruntergekommene Straße entlang, Menschen weichen ihm hektisch aus, alles nimmt die Beine in die Hand und flieht in die Häuser oder ein sicheres Versteck. Er reitet ruhig weiter, lässt sie verschwinden, während er hoch oben auf dem schwarzen Pferd thront. Diese Gegend, das ist sein Reich, seine Welt, in der der Name “Shelby” als Drohung reicht und Schiebermützen, wie er sie trägt, die schlimmste Waffe sind.
Im Augenblick läuft wieder einmal eine neue Staffel “Game of Thrones”, die 6., um genau zu sein. Und während das Internet nebenher wieder und wieder austickt und die Serie inzwischen sogar regelmäßig im – sonst bei Fantasy ja gerne eher etwas zurückhaltenden – deutschen Feuilleton angekommen zu sein scheint, sitze ich vor meinem Computer, überscrolle die Tweets und Facebook-Posts, die mir entgegen kreischen, was für ein Arsch Ramsay Bolton oder wie badass Sansa Stark inzwischen eigentlich ist, und verliere langsam endgültig das Interesse. Zuletzt habe ich, obwohl ich mich eigentlich als Fan bezeichnen würde, noch nicht einmal die 5. Staffel ganz geguckt, auch wenn ich in Bezug auf die Handlung halbwegs auf dem Laufenden bin. Und es hat mir nichts ausgemacht, obwohl ich noch die ersten zwei oder drei Staffeln superhibbelig in mich aufgesogen habe. Ich kannte und kenne nach wie vor alle Namen und Zusammenhänge, nur berührt es mich schon länger nicht mehr. Warum eigentlich?
Vor einer Weile habe ich – auf der Suche nach etwas spannend Fantasy für gemütliche Fernsehabende – damit angefangen, der Dauerempfehlung aus meiner Watchlist zu folgen und “Hemlock Grove” zu gucken. Die Serie ist eine der eher düstereren Eigenproduktionen von Netflix und eigentlich war der Auslöser für meine Neugier, dass Bill Skarsgård eine Hauptrolle darin spielt, dessen Brüder ich aus Serien wie “True Blood” und “Vikings” kannte. Seine Rolle, Roman Godfrey, war dann auch einer der Hauptgründe, warum ich trotz der z.T. etwas langatmigen Züge der ersten Folgen der Serie zunächst dabei geblieben bin. Trotzdem ist weder die Serie selbst noch die Figur von Roman selbst perfekt, was in diesem Fall nicht charakterlich, sondern rein von einer Perspektive des Schreibens gemeint ist. Nicht alles ist so logisch und rund wie es sein könnte, was auch der Grund ist, warum ich mich nicht so ganz entscheiden kann, ob ich “Hemlock Grove” bzw. Roman jetzt interessant oder nur noch verstörend finde.
Ich mag Superhelden nicht sonderlich und normalerweise kann ich das Theater um die Marvel-Filme auch nicht wirklich nachvollziehen. Überhaupt fand ich da zuletzt von denen, die ich so gesehen habe, eigentlich nur die “Captain America”-Filme ansatzweise gut, während der beiden “Thor”-Streifen habe ich mich nur an den Szenen entlanggehangelt, in denen Loki auftritt, und kommt mir ja nicht mit “Age of Ultron”. Auch die “Daredevil”-Serie fand ich auch eher so mäßig interessant und “Jessica Jones” war für mich u.a. deswegen so grandios, weil da eben nicht dick und fett der “Superhelden”-Sticker draufklebte. Oh, und bevor jemand auf die Idee kommt: Auch die X-Men sind eigentlich nicht so richtig mein Fall. Und jetzt schreibe ich eine Kritik zu “Deadpool”? Jap. Denn der ist awesome.