Blogging Featured Gaming

Ich bin es leid, mich beweisen zu müssen

1. Juli 2019


Ich bin fünfzehn oder sechzehn und eine größere Gruppe unterhält sich über Videospiele. Als ich etwas sage, werde ich schief angeguckt. Ob ich denn wirklich spiele. Und was, denn Sims ist ja ein Mädchenspiel und zählt nicht. “Skyrim” also? Aber doch sicher nicht besonders viel.

Ich bin siebzehn und sitze auf der Rückbank eines Autos. Am Steuer sitzt ein Klassenkamerad, auf allen anderen Plätzen sitzen andere Jungs aus meinem Jahrgang oder meiner Schule. Wir sind auf dem Weg nach Hause, das einzige andere Mädchen haben wir in einem der Dörfer schon rausgelassen. Mit zwei der Jungs bin ich lose befreundet, den letzten kenne ich flüchtiger. Einer der beiden fängt an, über “Assassin’s Creed” zu reden, um ein Thema zu finden, bei dem alle mitreden können. Der letzte, der mich kaum kennt, sieht mich zuerst mitleidig und dann vollkommen überrascht an, als ich mich ins Gespräch einklinke.

Ich bin neunzehn oder zwanzig und blogge. Ich schreibe über “Game of Thrones” und bringe eine erzählerische Kritik an der Serie an. Als Reaktion bekomme ich zum ersten Mal in meinem Leben, die Aufforderung, sterben zu gehen. Keine Drohung, nur eine Phrase, aber die Person, die diese Reaktion schreibt, teilt mir bei der Gelegenheit noch mit, dass ich doch keine Ahnung habe. Damals blogge ich noch nicht einmal wirklich feministisch und ahne noch nicht, wie schnell ich mich an diese und andere Kommentare gewöhnen würde. Und dass das gerade nur ein Vorgeschmack darauf war, was es bedeuten kann, als Person, die kein cis Mann ist, im Internet eine Meinung über Popkultur zu haben, die als fest in männlicher Hand angesehen wird.

Ich bin ungefähr einundzwanzig und stöbere nach Jahren nur mit einem Steam-Account zum ersten Mal wieder in einem Laden wieder nach Videospielen. Ein Verkäufer spricht mich an und fragt mich, ob er mir helfen kann. Wir unterhalten uns, ich sage, dass ich nur stöbern möchte. In meiner Hand halte ich unter anderem “Dark Souls”, für mich, nicht für einen Freund oder Bruder, die ich beide nicht habe. Er nimmt das zum Anlass, mich viel zu oft zu fragen, ob mir das auch wirklich nicht zu schwer ist.

Ich bin dreiundzwanzig und wütend. Wut, finde ich, gehört ein bisschen dazu, Feministin zu sein. Erst recht, wenn man, wie ich, feministisch über Popkultur und besonders Gaming schreibt. Ich bin wütend, wenn wieder so getan wird, als müsste man Meinungen, die im Grunde nur z.B. frauenfeindliches Gift sind, debattieren. Ich bin wütend auf die Männer, die sich feministisch oder links geben und von denen ich ganz genau weiß, dass sie mich und andere wie mich jederzeit im Stich lassen würden, wenn es drauf ankäme. Ich bin wütend darüber, dass ich kein Risiko eingehen will und seit einer Weile schon einen Impressumsdienst bezahle. Nicht, dass ich es bisher gebraucht hätte, aber seit einer Reihe gruseliger Geschichten aus meinem direkten Freundeskreis gehe ich einfach auf Nummer sicher, um mir Stress zu ersparen.

Ich bin auch wütend, weil die Texte, die ich schreibe, mir zwar auch Achtung einbringen, aber jedes Mal, wenn ich auch nur ansatzweise etwas Kontroverses schreibe, ich mir geradezu die Uhr danach stellen kann, dass mir jemand erklärt, dass ich doch keine Ahnung habe. Dass ich mich doch mit wichtigerem beschäftigen soll. Und ganz bestimmt noch nie ein Spiel gespielt, einen Film gesehen oder ein Buch gelesen habe. Sehe ich dann, wie ein cis Mann etwas ähnliches schreibt oder auch nur teilt, sehe ich auch, wie seine Expertise nicht automatisch erst einmal infrage gestellt wird, jedenfalls nicht bei einer vergleichbar kleinen Reichweite wie meiner. Ich bin froh über diese Männer, die mitdiskutieren, aber es macht auch müde. Es frustriert.

Denn ein bisschen läuft es wieder auf diese Frage hinaus, die ich schon in der Schule unangenehm fand, aber lange als normal wahrgenommen habe: Spielst du denn wirklich? Hast du denn wirklich Ahnung von dem, was du da sagst und schreibst? Es ist egal, wie ich etwas formuliere. Es ist egal, ob ich scharf oder vorsichtig schreibe, egal, ob ich Wissen einbringe, das ich nur durch mein Studium habe, oder nicht, egal, ob der Inhalt feministisch ist, oder nicht. Am Ende läuft es immer wieder darauf hinaus, weil es eben nicht um meine Argumente geht. Nicht wirklich. Und auch wenn ich darüber einfach die Augen rollen und mich besseren Dingen zuwenden kann, ärgert mich das fast mehr als Beleidigungen. Beleidigungen kann ich abschütteln, die Leute wegblocken oder Kommentare löschen. Diese Nichtachtung geht tiefer, weil sie auch die betreiben, die sonst finden, dass sie nicht Teil des Problems sind. Nur sind sie das, eben im Kleinen.

Gleichzeitig bin ich es leid, mich beweisen zu müssen. Und auch wenn ich gerne behaupten würde, mir wäre das alles vollkommen egal, habe ich eben jetzt doch diesen Text beendet, der seit Monaten und Jahren irgendwie immer in meinen Entwürfen lag. Weil ich es nicht einsehe, solche Kleinigkeiten einfach hinzunehmen, nur weil es Kleinigkeiten sind, und mir das hier einfach unter den Nägeln brannte und ich es runterschreiben musste. Denn eigentlich will ich mich heute noch mit interessanteren Dingen beschäftigen statt mit Nerds, die mir ungefragt die Welt zu erklären versuchen.

Artikelbild via Unsplash

  • Janonym
    14. Oktober 2020 at 1:41

    Doch waren es. Ich kann Dir versichern, dass in meinem Jahrgang (Mitte 70er) nur wenige Frauen in ernsthaftem Umfang gespielt haben. Wenn am Schulhof die C64 und Amiga Kopien getauscht wurden, war daran keine einzige Frau beteiligt, wenn wir nach der Schule im Elektromarkt abgehangen sind, war keine einzige Frau dabei.

    Was auch dazu führt, dass ich das Hobby bisher nur mit Freundinnen teilen konnte, wenn diese ein gutes Stück jünger waren. Gleichaltrige musste immer ich an das Hobby heranführen, weil sie keine oder nur sehr geringe Erfahrungen hatten.

    Gleiches gilt übrigens für das Schauen von Filmen in Originalsprache. Auch da ist es in meinem Jahrgang schwer Frauen zu finden die das Medium ernst genug nehmen, um die evtl. vorhandene Einstiegshürde der Gewöhnung an Dialekte & Co. zu nehmen oder gar durchgehend Untertitel zu lesen. Nicht so extrem wie bei Videospielen, aber auch hier hätte ich mir gewünscht 10-20 Jahre später geboren zu sein – hätte die Sache deutlich vereinfacht.

  • Aurelia Brandenburg
    7. Januar 2020 at 10:12

    No offense, aber genau das ist der Punkt. Spielende Frauen sind keine Ausnahme und waren es auch nie.

  • Blob
    6. Januar 2020 at 17:44

    Hi, ja das ist ganz einfach zu erklären und kein Angriff.
    Wenn sich in der durchschnittlichen Lebenswelt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein anderes Bild zeigt, dann ist es rational die Ausnahmen zu hinterfragen.
    Eine Frau die leidenschaftlich gerne Ballerspiele zockt ist genauso exotisch wie ein Mann der gerne strickt. Mal ganz unabhängig davon ob es sich um normative oder natürliche Muster handelt.

    Das es frustrierend sein kann, ist dennoch verständlich aber auch eine Gelegenheit um mit dem Wissen und den Fähigkeiten zu glänzen.

  • Aurelia Brandenburg
    25. Oktober 2019 at 19:13

    Danke dir, das freut mich echt, das zu hören 🙂

  • Henrik/Celilander
    25. Oktober 2019 at 18:45

    Ich lese auf Twitter immer sehr gerne Dinge von dir.
    Eben weil sie in deinem Gebiet Kompetenz ausstrahlen. Und weil du eine andere Perspektive an den Tisch bringst.
    Danke 🙂

  • Tutti
    6. Juli 2019 at 0:18

    Ich bin es leid, immer komisch angeschaut zu werden, wenn ich als cis Mann gegenüber anderen cis Männern zugebe, dass ich mit Fußball und Autos nichts anfangen kann, nicht gerne selbst grille und das Feuer dafür nicht ohne Grillanzünder anmachen kann und ebenso muss ich erklären, dass die langen Haare nicht so aufwendig sind, wie sie denken. Wenn ich dann noch sage, dass sie fürs Headbangen auf Metal-Konzerten sind muss ich oft noch die Unwahrheiten dazu zerstreuen.
    Wir leben leider in einer Welt voller Vorurteile.

    Ich bin froh, dass meine Schwestern in einem Umfeld groß wurden, indem sie über Filme und Spiele offen mitdiskutieren konnten, ohne erstaunte oder schiefe Blicke zu kassieren. Ohne die Frauen in meinem Zockerleben wären viele Stunden, in den virtuellen Welten nur halb so schön gewesen.

  • Pia
    3. Juli 2019 at 18:01

    Hey Aurelia.

    Ich möchte mich in erster Linie einfach bei dir für diesen Text bedanken.
    Ich bin 21 und selbstständig. Mein Geld verdiene ich damit auf Twitch zu streamen. Ich bin in meinem Umkreis das einzige Mädchen, dass regelmäßig zockt und sowieso nur eine von wenigen die Twitch als Plattform nutzt.

    Ich ärgere mich über genau diese Dinge, immer und immer wieder und werde leider oft damit abgespeist, dass ich doch “darüber stehen soll” und warum ich so etwas so nah an mich ran lasse. Mir wird gesagt, dass ich den falschen Beruf habe, wenn ich das nicht aushalte.
    Dabei bin ich einfach nur so unendlich genervt und wütend und würde gerne einfach mal nörgeln dürfen, vor jemandem der mir gleichgesinnt ist und diese innere Wut von mir, versteht.

    Deswegen: Danke, für deine Wort und dass du mich darin bestärkt hast, nicht alleine auf diesem Weg zu sein. Das kann manchmal schon helfen. 🙂

  • Sis
    3. Juli 2019 at 15:59

    Auch wenn es dich und andere kein Stück weiter bringt, aber es ist schon etwas besser geworden, wird dadurch nun auch kein Selbstläufer, aber wenn man Anfang der 90er in einem stickigen Raum angemerkt hat, dass ja mal wieder nur Männer (eher noch Jungs) da seien, wurde man völlig verständnislos angeschaut, so als ob jemand bemerkt hätte, dass man mit seiner Zunge ja was erschmecken könne, doch ganz klar die natürlichste Sache der Welt, selbstverständlich waren keine Frauen anwesend oder auch nur vorstellbar dort. Heute ist das anders, weibliche Gamer sind sicht- und hörbar und abseits der Gamerblase sieht die Videospielewelt sowieso viel weiblicher aus.

  • Aurelia Brandenburg
    3. Juli 2019 at 6:38

    Mansplaining ist alles, das meint mir klugscheißend von oben herab Dinge zu erklären, in denen ich mich ganz offensichtlich deutlich besser auskenne. Und sorry, mit meinen eigenen Erfahrungen kenne ich mich besser aus irgendein*e random Kommentator*in im Internet, ganz besonders wenn es (nach eigenen Angaben) um einen cis Mann geht, der meine Erfahrungen nie machen musste oder muss.

    “cis” bedeutet, dass sich mit dem Geschlecht identifiziert, das ihr bei ihrer Geburt zugewiesen wurde, und sorry, das, was du “Anfeindungen” nennst, bedeutet schlicht, dass andere Gruppen ungeschönt die Privilegien benennen, die besonders weiße cis Männer haben. Und kein Mann kann etwas dafür, dass er diese Privilegien hat oder wirft es irgendjemand ihm vor, sie zu haben, aber das entbindet ihn nicht von der Pflicht, darüber zu reflektieren, wo er einfach sozusagen gesellschaftlich Glück hat, ein Mann zu sein.

    Und zu deiner Bemerkung, dass du auch schon schief angeguckt wurdest, verweise ich auf eine meiner anderen Antworten hier: Das ist schlicht nicht dasselbe. Wirklich.

  • Andreas
    2. Juli 2019 at 23:42

    ist jede Korrektur oder Erklärung eines Mannes mittlerweile mansplaining?

    Ich will hier keinen offenden, jeder soll leben wie er/sie/es/whatever will, solange er/sie/es/… andere genauso leben lässt.

    Es macht mir allerdings Sorgen, dass es mittlerweile eine so starke Anfeindung gegenüber (was auch immer cis bedeutet) Männern gibt

    Dass du angefeindet wirst hat von dem was ich bisher gelesen habe keiner verleugnet und stell dir vor ich wurde auch schon schief angeschaut oder niedergemacht weil ich von einigen Spielen Ahnung habe aber über manchen Sachen muss man halt stehen

  • Mira
    2. Juli 2019 at 15:39

    Hey und hallo,

    wahrscheinlich wirst du viele Kommentare auf diesen Text bekommen, aber ich habe ihn gelesen, die Seite geschlossen und weiter gearbeitet… aber in meinem Kopf ging es weiter und irgendwie schreibe ich dir dann doch.

    Ich versteh diese Wut und diese Müdigkeit. Ich habe nie “schlimme” Erfahrungen gemacht, nie wurde ich wegen meiner Meinung beleidigt. Ehrlich gesagt ist meine Soziale Reichweite so gut wie meine sportliche Reichweite beim Kugelstoßen… nicht erwähnenswert. Aber im Alltag bemerke ich es auch schon immer.

    Mit 14 kaufte sich mein großer Bruder einen C64 und seitdem waren PCs ein fester Teil meines Lebens, ich machte eine Ausbildung in dem Bereich, begann ein Studium und eine zweite Ausbildung und sitze heute in einer Bibliothek in der Digitalsierung.
    Und doch wurde ich immer angezweifelt, es graust mir davor in irgendwelchen Technikmärkten einzukaufen, weil jemand mich beraten könnte. Im Gamestop gehe ich lieber an eine Kasse mit weiblichem Personal, bei mir auf der Arbeit frage ich immer bewusst den einen IT-Kollegen, bei dem ich weiß, dass es kein mansplainen gibt.

    Es fing schon an beim Fachabi, mit dem Mädels kam ich nicht klar und die Jungs… naja, für die war ich halt auch kein richtiger “Gamer” weil ich ja nie Counterstrike gespielt habe oder bestimmt nie gut wäre in diesem Spiel. Ich habe mich wegen so etwas abgesondert, mich lieber mit Single Player Games beschäftigt, es niemandem erzählt, weil ich mich nicht messen wollte. Fragt mich jemand ob ich gut bin, antworte ich immer mit: Nein.
    Ich spiele halt keine Games im Survival Modus, weil ich halt Spaß haben will… du siehst wie ich langsam in die aktuelle Zeit rutsche. Weil es 20 Jahre so ging.
    Aber jetzt etwas positives. Ich hatte sehr sehr viel Angst, als ich dann doch mich offen in der Gaming Szene outete und mit meinem Freund einen YT-Chanel startete. Ein Gaming Chanel und der große Backlash blieb aus. ich dachte ich würde geflutet werden von Besserwisserkommentaren und Backseatgaming während den Streams… es ist sogar eher so, dass ich mich ertappe wie ich bei meinem Freund backseatgame.
    Aber genauso glaube ich, dass dieser gemeinsame Chanel mein Schutzschild ist.

    Aber gerade deswegen tat mir dein Text gut und arbeitete in mir. Ich bin nicht alleine, ich hatte nicht als einziger diesen Eindruck… ich bilde mir das alles nicht ein. Danke für deinen Text!

  • Aurelia Brandenburg
    2. Juli 2019 at 15:10

    Wow, ein cis Mann mansplaint mir meine Sexismuserfahrungen. Merkste selbst, oder?

  • Aurelia Brandenburg
    2. Juli 2019 at 15:08

    Dir ist aber schon klar, dass, auch wenn ich symbolisch andere Beispiele benutzt habe, das, was du “typische Sätze in MMORPGs” nennst, ganz genau mit in diese Kategorie fallen, was ich mit dem Text beschreibe? Es ist schön für dich, wenn dich das nicht stört, aber das ist genau das, was ich in meinem Text beschreibe.

  • Dustin
    2. Juli 2019 at 14:01

    Ich möchte das Weltbild von niemanden zerstören aber ich als cis Mann wurde ebenfalls mehrfach gefragt ob Dark Souls mir nicht zu schwer sei.
    Mir wurden auch schon die Sätze “Geh sterben” oder “Du hast doch keine Ahnung” usw. In Bezug auf Videospiele und Filme an den Kopf geworfen.
    Ich möchte nicht ausdrücken, dass man es als Frau nicht schwerer hat in der “Geek Gesellschaft” zurecht zu kommen (Ich hasse Wörter wie Geek oder Nerd). Jedoch gehören die meisten Beispiele, welche sie genannt haben zum Alltag von sehr vielen Leuten.
    Jedoch empfand ich die Story im Auto als sehr angenehm.
    Ich kann mir jedoch auch vorstellen, dass die Angehörigen sehr positiv überrascht waren (In diesem Fall fehlen mir die Hintergrund Informationen).
    Ich möchte noch eben erwähnen, dass man Kritik gegenüber allem äußern kann, in so kleinen Gruppen wie man möchte und trotzdem von allen Seiten Gegenwind bekommen wird.
    Und das hat (Wie ich mit bekommen habe) im Internet noch viel weniger mit deinem Geschlecht/Gender oder deiner Sexualität zu tun (Abgesehen von Sexistisch und/oder Homophob geprägten Persönlichkeiten).
    Abgesehen davon weiß ich nicht wie es bei ihnen ist, jedoch geht es mir nicht darum, dass jeder mir zustimmt, sondern darum zu zeigen, dass ich ebenfalls eine Stimme und Meinung habe wenn ich Kritik äußer.

  • IndigoMorning111
    2. Juli 2019 at 10:34

    Ach du meine Güte, wo kommst du denn her das man als weiblicher Gamer so niedergemacht wird?
    Ich habe das schon oft mal gehört, aber erlebt selber noch nie.
    (außer diese typischen Sätze in Mmorpgs ? ‘du bist ein Mädchen, ich helfe dir mal’)
    Aber generell kann ich deine Erfahrung dahingehend nicht teilen. Ich wurde noch nie irgendwo angesprochen, weder auf Messen oder in Läden, noch haben meine männlichen Freunde mich jemals hinterfragt was das angeht. Interessant wie Erfahrungen auseinander gehen können ?

  • Aurelia Brandenburg
    2. Juli 2019 at 8:07

    Es freut mich für dich, wenn du diese Erfahrungen nie gemacht hast, aber das ist besonders im Gaming sehr weit verbreitet und nicht das Gegenteil. Mir fällt es vielleicht etwas konzentrierter auf, weil ich regelmäßig über kontroverse Themen im Gaming-Kontext schreibe, aber das ändert nichts daran, dass diese Erfahrungen sehr weit verbreitet sind. Und das Konzert-Beispiel aus den Kommentaren war nur das Weiterspinnen eines Vergleichs. Wie ich auch selbst geschrieben habe: Ich kann einen ganzen Blog randvoll mit Texten über Popkultur und Gaming haben und trotzdem erst einmal per se unterstellt bekommen, dass ich ja nicht wirklich spiele und/oder keine Ahnung habe. Das Äquivalent wäre da dann eben, komplett in Leder gekleidet in der Schlange zum Konzert zu stehen und erst einmal eine Reihe Fragen gestellt zu bekommen, die abfragen sollen, ob man auch wirklich eine Daseinsberechtigung hat. Und ja, das passiert Frauen sehr viel häufiger als Männern, jedenfalls wenn wir über Bereiche reden, die als männlich dominiert wahrgenommen werden. Und selbst wenn ich mich schlechter auskennen würde als ich es tue, ist es respektlos, von mir zu erwarten, dass ich erstmal meinen “Gamer-Ausweis” vorlege, nur um ernst genommen zu werden, und dasselbe Männern nicht oder sehr viel seltener passiert.
    Und auch “das wird es immer geben” über die Kommentare im Netz mag vielleicht stimmen, deshalb übergehe ich solche Kommentare normalerweise auch, aber das ist trotz allem nicht normal. Ich sollte mir nicht ständig “Ah, was soll’s, die können mich mal” denken müssen, besonders nicht, wenn ich buchstäblich bei männlichen Bloggerkollegen mitkriege, dass die dieses Problem bei vergleichbarer Reichweite nicht oder wenn das nur sehr viel schwächer haben. Klare stehe ich da drüber, aber das macht es noch nicht richtig.

  • Sve2
    2. Juli 2019 at 7:25

    *gamer Szene

    (doofes Handy..)

  • Svenja
    2. Juli 2019 at 7:24

    Das tut mir echt leid, dass du da so durch musst. Ich persönlich habe das Problem nicht und auch noch nie erlebt :/
    Besonders in der Hamer Szene ist das eher nicht sooo verbreitet. Ich kenne unterschiedliche Gilden/ Grüppchen. Ich glaube durchaus, dass du in Berührung mit solch Idioten gekommen bist aber es ist definitiv nicht die Regel.
    Auch bei Konzerten (wie in den Kommis steht); Ja ich wurde nach meinen Liebling Songs gefragt aber nicht “weil ich eine Frau bin”. Das sollte man nicht immer alles darauf reduzieren und Ja Frauen machen das viel.

    “Geh sterben, du hast keine Ahnung, etc” wird es immer geben, weil es Idioten sind. Das es an einem nargt kann ich aber durchaus verstehen; darüber stehen ist eben nicht einfach.

  • Stephanie
    1. Juli 2019 at 23:07

    Es ist so traurig und befremdlich. Warum können Menschen nicht erst mal zuhören und dann feststellen, dass jemand Ahnung hat.
    Ich habe das umgekehrte erlebt. Junge Männer, die sich wissenschaftlich mit Gamern beschäftigten, meinten “die Szene” zu kennen und wie diese Menschen so ticken.
    Was die mir erzählten, passte leider so gar nicht zu den realen Menschen, die ich kannte und tatsächlich viel zockten.

    Lass dich nicht unterkriegen und gibt die Hoffnung nicht auf, dass es irgendwann einfach aufhört!

    Liebe Grüße
    Stephanie

  • Bernhard Hanakam
    1. Juli 2019 at 20:14

    Beobachten kann man das in nahezu jedem Lebensbereich. Vor allem unter Männern scheint es völlig normal zu sein, dass alles, was eine Frau sagt, grundsätzlich erstmal argwöhnisch betrachtet wird. Selbst wenn diese Frau in ihrem Fachgebiet eine vielfach anerkannte Expertin ist.
    Ich hatte das Glück, grundsätzlich anders erzogen worden zu sein. Deswegen hab ich solchen Krampf nie verstanden. Ich verstehe durchaus, wieso Männer das tun, hauptsächlich ist das wohl Überlegenheitsgehabe, aber mir war das immer zuwider. Ich kann nicht nachvollziehen, wieso man es nicht einfach als gegeben hin nimmt, wenn eine Frau sagt, sie spielt die Spiele X, Y und Z, hat Erfahrung usw.
    Würdest du mir beispielsweise sagen, du hättest Final Fantasy VII damals schon gespielt, würde ich mich freuen, weil ich mal darüber quatschen könnte.

    Ich kann verstehen, wieso du die Schnauze voll hast, wieso so viele Frauen die Schnauze voll haben. Und ich könnte sogar verstehen, wenn du denken würdest, dass ich viel schreiben/sagen kann, wenn der Tag lang ist. Weils oft genug passiert, dass sich einer weltoffen gibt und am Ende auch nur redet, damits gut klingt.

  • Nomnivor
    1. Juli 2019 at 18:56

    Um das Beispiel weiter zu führen: Frauen/weiblich gelesene Personen könnten mit Slipknot-Shirt, Nietenschmuck, und Leder in der Schlange stehen, und erst mal gesagt bekommen, dass sie ihre 5 Lieblingssongs aufzählen sollen. Als Beweis, dass sie die Band überhaupt kennen. Danach werden sie nach dem Namen des Drummers gefragt, danach, wer bis 1996 an der Liedgitarre war, danach, wie der Hund des Sängers heißt… Bis man irgendetwas findet, um zu beweisen, dass Frau/weiblich gelesene Person eben doch kein richtiger Fan ist, sondern nur so tut.

  • Aurelia Brandenburg
    1. Juli 2019 at 18:10

    Das ist ein wenig mein Punkt: Es ist so weit verbreitet, dass man es nicht bemerkt. Bis auf die Sache mit dem Kommentar hat glaube ich keine einzige der Personen aus meinen Beispielen ihr Verhalten wirklich böse gemeint, es ist nur respektlos und zermürbend, weil es nicht immer nur ein Beispiel für diese Situationen gibt, sondern unzählige. An den meisten Tagen ist sowas für mich (und andere) nur Hintergrundrauschen, das ich zwar wahrnehme, aber ignoriere, weil ich, wenn ich jedes Mal erkläre, warum mich das nervt, im besten Fall zu nichts anderem mehr komme und im schlimmsten Fall tatsächlich aggressiv angegangen und beleidigt werde. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich Frauen kenne, die diese Erfahrungen nicht gemacht haben, und du kannst dir sicher sein, dass sowas auch schon in deiner Gegenwart geschehen und es dir vermutlich nur nicht aufgefallen ist, weil es für dich aufgrund der Privilegien, die du beim Gaming genießt, Einzelfälle oder Kleinigkeiten sind, die erst dann richtig auffallen, wenn man dafür sensibilisiert ist, entweder weil man Betroffenen ausgiebig zugehört hat und es noch tut oder selbst betroffen ist. (Ganz zu schweigen davon, dass gerade diese scheinbaren Kleinigkeiten Paradebeispiel für Erfahrungen sind, die unterschiedliche Menschen ganz unterschiedlich wegstecken bzw. damit ganz unterschiedlich umgehen. Ich habe mir auch jahrelang eingeredet, dass sowas ein Kompliment oder Einzelfall sei oder an anderen Dingen läge, und erst das Schreiben hat meinen Geduldsfaden für sowas stark verkürzt.)

  • Rinku
    1. Juli 2019 at 16:54

    Das ist alles so fremd für mich, ich bin jetzt 30 (männlich) und zocke seit Kindheit an, auch viel online und auch oft mit Mädchen und Frauen. Noch nie habe ich das erlebt was du hier schilderst, nicht dass ich es bezweifle, ich Frage mich nur wie das so weit verbreitet ist, dies aber nie in den Gruppen vorkam in denen ich unterwegs war. Wir hatten freuen in Gilden, oft auch als Anführer, wir haben zusammen Ego Shooter gezockt und auch heute kenne ich Frauen die Dark Souls und ähnliches zocken und nie ist mir da irgendwas negatives von anderen aufgefallen. Ich kann da wahrscheinlich froh drüber sein. Ich Frage mich wirklich woher so eine Mentalität kommt und warum ich sie selber nicht sehe oder nicht bemerke. Ein schöner Text übrigens. Mein Kommentar bringt zwar niemanden weiter, aber ich hatte einfach Lust was dazu zu sagen.

  • Aurelia Brandenburg
    1. Juli 2019 at 14:57

    Ja, diese Exklusivität und extreme Hierarchisierung der eigenen Gamer-Identität (und im Umkehrschluss das gezielte Absprechen von Kompetenz, wenn jemand ihnen nicht in den Kram passt) ist ein grundsätzliches Problem, verschärft dann aber mMn eben wirklich den Sexismus. Denn in dieser Hierarchie sind alle Leute, die keine cis Männer sind, per se erstmal unfähig und damit weniger Respekt wert, genauso wie es selbstverständlich dann “die” Beleidigung schlechthin ist, einen Mann mit derselben Respektlosigkeit zu behandeln, die bei Frauen quasi Standard ist.

  • Aurelia Brandenburg
    1. Juli 2019 at 14:54

    Yes, this, danke!

  • Michelle
    1. Juli 2019 at 14:50

    Du schreibst mir aus der Seele. Es ist so ein ewiger Kampf permanent darüber zu sprechen, wieso man als Frau/wbl. Gelesene über Themen sprechen kann. Ich trauere regelmäßig meiner verlorenen Lebenszeit hinterher und sende einen legeren Mittelfinger an einen Jungen aus meiner ehemaligen 11. Klasse, der mir so lange nicht glaubte, dass ich gerade Skyrim spiele, bis ich ihm Beweisbilder zeigte. Und an meinen alten Technik-Lehrer, der alle Mädchen mit Jungs paarte und denen extra Credit versprach, weil sie ja nen Nachteil hatten und mich dann aus dem Computerkurs schmiss, weil ich wusste, was C++ ist und er nicht.
    Wir schulden es niemandem zu belegen, dass wir Spiele spielen, Autos reparieren, Motorrad fahren oder wissen wie man coded.

  • Sis
    1. Juli 2019 at 14:46

    Volle Zustimmung. Allerdings finde ich in Gamerkreisen (oder was sich nach außen am erfolgreichsten als solche präsentiert und diesen exklusiven Anspruch fanatisch verteidigt) eine generelle Abwertung von Kritik (egal in welche Richtung und mit welcher Intention, egal von wem sie geäußert wird, selbst wenn es nur eine rein spielmechanische Kritik ist) über das Mittel “Du hast keine Ahnung, du bist kein richtiger Gamer” usw sehr sehr verbreitet und zwar viel stärker als in manch anderen Bereichen, in denen sich Männer ebenfalls als die alleinigen kompetenten Platzhirsche darstellen und Frauen nur als belächelnswerte Randerscheinung wahrgenommen/akzeptiert werden. Das macht all die Misogynie, die dich und andere Frauen, die es “wagen” sich öffentlich zu äußern, nicht harmloser oder gar akzeptabler, es spielt sich meiner Meinung nach nur direkt viel drastischer ab als man es aus anderen Bereichen kennt, die “Videospielszene” ist quasi ein besonders verseuchter Raum, in dem jeder gegen jeden schnell sehr drastisch abhatet. Macht die spezifisch gegen Frauen gerichteten Hasskommentare natürlich nicht harmloser, ein qualitativer und quantitativer Unterschied ist eindeutig zu erkennen, wenn eine Frau statt einem Mann sich äußert, aber ich bin generell immer wieder über den allgemeinen Umgangston überrascht.

  • Aurelia Brandenburg
    1. Juli 2019 at 14:39

    Ohne jetzt infrage stellen zu wollen, dass deine Erlebnisse auch unangenehm waren: Das ist nicht dasselbe. Ich kann mich optisch noch so sehr anpassen, mit Nerdshirts durch die Gegend laufen oderwasauchimmer, ich werde am Ende doch angezweifelt, weil ich eine Frau bin. Ganz zu schweigen davon, dass ich genug Männer kenne, die diese optische Anpassung nie bräuchten, damit ihnen geglaubt wird, dass sie halbwegs Ahnung haben, wenn sie über Spiele sprechen.

  • Wilhelm
    1. Juli 2019 at 13:42

    Mach dir einfach nichts draus.
    Ich habe ähnliches (heute als Mann bzw. damals noch Junge) erfahren. Nur eben mit Musik.
    Ich ziehe mich “brav” an, passe mich der Öffentlichkeit an, versuche optisch nicht anzuecken und bin auch nicht vorlaut.
    Als ich dann beim Slipknot Konzert nicht schwarz angemalt, mit Leder-Klamotten und Nietenschmuck in der Schlange stand, wurde ich auch angegafft. NIcht zum ersten und auch sicher nicht zum letzten Mal.
    Ich muss keinem etwas beweisen. Ich mache einfach das, was mir gefällt und wenn andere damit nicht zurecht kommen, ist es deren Problem.

  • Mara
    1. Juli 2019 at 12:09

    Dieser Artikel spricht mir einfach in so vielen Dingen aus der Seele! Dieses ständig entweder subtile oder unglaublich offensichtliche “Du bist eine Frau & hast deswegen keine Ahnung” geht mir so abartig auf die Nerven. Egal ob beim Fußball, bei Videospielen, bei Filmen oder anderen Themen – die eigene Meinung wird viel zu oft herabgesetzt oder komplett ignoriert; man ist ja schließlich nur eine Frau und hat bei diesen Themen deswegen prinzipiell nichts zu sagen. Es ist falsch und herabwürdigend und unfair und ich habe einfach absolut keine Lust mehr darauf.

Über mich und diesen Blog

Über mich und diesen Blog

Aurelia Brandenburg - Historikerin und Bloggerin. Ich beschäftige mich meisten mit Mittelalter, Digital Humanities und Game Studies, nicht zwingend immer in dieser Reihenfolge. Auf Geekgeflüster schreibe ich seit 2012 über Popkultur, inzwischen oft aus einer feministischen Perspektive und manchmal auch über Popkultur und Geschichte, insbesondere Popkultur und Mittelalterrezeption. Außerdem schreibe ich auch für Language at Play. Auf Twitter findet man mich als @hekabeohnename.


Geekgeflüsters Header-Schriftzug und die Pixel-Tasse wurden dankenswerter Weise von Steffi von Fieberherz designt.