Ich erinnere mich noch, als sei es gestern gewesen. Dabei ist dieses „gestern“ sicherlich schon weit über 10 Jahre her. Oder mehr. Draußen herrschte die düstere Jahreszeit, es war kalt und dunkel. Die Vorbereitungen für Weihnachten liefen auf Hochtouren, was in unserer Familie vor allem Überstunden meiner Eltern bedeutete. Nur am Wochenende kam diese besondere Vorweihnachtsstimmung auf. Dann wehte Plätzchenduft durch die Räume, die Lichterketten funkelten, die Adventskerzen brannten und wir sangen schief und krumm zu Weihnachtsliedern.
Obwohl ich persönlich kein großer Freund des Winters bin und mittlerweile nur noch wenig vom Weihnachtstrubel halte, gibt es da doch eine Erinnerung, die mich immer wieder lächeln lässt. Egal wie erschöpft meine Mutter nach einem Arbeitstag war, setzte sie sich abends zu mir und holte „Das Weihnachtsgeheimnis“ hervor. Es war unsere Tradition. Jedes Jahr wurde es gelesen. Früher las sie es mir vor, später übernahm ich einige Abende. Es war das pure Glück, in der Stille der Dezemberabende ihre Stimme zu hören, wie sie diese Geschichte vorlas. Jeden Abend ein Kapitel.
Mit Joachim auf Reisen
„Das Weihnachtsgeheimnis“ sollte man genau auf diese Weise lesen. Es ist in 24 Kapitel geteilt und erzählt, wie sollte es anders sein, die Weihnachtsgeschichte. Aber nicht in der allgemein gängigen Version. Jostein Gaarder webt hier mit wunderbaren Worten eine ganz neue Geschichte. Die Geschichte von Joachim, der jeden Tag eine Tür seines Adventskalenders öffnet. Hinter dieser Tür findet er aber nicht Spielzeuge oder Schokolade, sondern Bilder und bezaubernde kleine Geschichten, die alle zusammenhängen und am Ende ein grandios schönes Bild ergeben. Jeden Abend begibt man sich mit Joachim auf die Reise in seinen Kalender und den Zauber von Weihnachten.
Wir gehören zusammen
Für mich ist dieses Buch ein wertvoller Schatz. Nicht, weil seine Geschichte mich nie wieder losgelassen hätte oder weil ich Weihnachten so liebe. Sondern weil es mich die wohl wichtigste Lektion meines Lebens gelehrt hat: Dass Zeit mit geliebten Menschen das allerwertvollste auf der Welt ist. Dass es egal ist, ob man einen Adventskalender hat, ob man im Dezember Schokolade und Geschenke bekommt. Sondern dass das einzige, was wirklich zählt, die Momente sind, die ich ganz bewusst mit meiner Familie verbracht habe. Wo uns niemand stören konnte, wo die Welt nur aus uns und diesem Buch bestand. Deshalb werde ich es wohl niemals wieder hergeben.
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