Witcher 3: Wild Hunt ist eines meiner absoluten Lieblingsspiele. Kaum eine virtuelle Welt konnte mich bisher so in ihren Bann ziehen wie die Inseln von Skellige mit den Wildpferden, die genauso aussehen wie mein Pony und die Weinberge von Touissant, die mich gedanklich in meine Zeit in Burgund zurückwerfen. Eine ungünstige Mischung aus Dickköpfigkeit und Desinteresse an Hardware erschwerte mein Spielerlebnis allerdings so weit, dass ich mir so etwas wie einen eigenen Hardmode erschaffen hatte.
Wenig ist mir egaler als Hardware. Ich will einen Knopf drücken und sofort mein Spiel
spielen können. Mein angefangenes Informatikstudium überlebte so lange, bis irgendwelche Geräte und Schaltkreise ins Spiel kamen (vier Wochen). Es interessiert mich nicht, womit der Knopf für die Spiele verkabelt ist und ich will nichts optimieren. Ich will einfach nur spielen. Als mein alter iMac Ende 2014 den Geist aufgab, nannte ich meinem damaligen Freund ein Budget und ließ ihn einen Gaming-PC für mich zusammenstellen. Dass Astrophysiker sich von Natur aus gut mit Computern auskennen, weiß ich schließlich aus der Popkultur.
So stand auch bald ein nigelnagelneuer PC in meiner Wohnung. Eine schicke Maschine mit ganz fantastischen technischen Daten (wie ich mir sagen ließ) – die sich überdurchschnittlich oft aufhängte.
Folgende Problematik: der Freund saß zu Hause in England und ich hatte ihn bereits einmal wütend angerufen, weil der PC nicht anging und er die Dreistigkeit besaß, mich zu fragen, ob das Netzteil eingeschaltet sei (das Netzteil war nicht eingeschaltet). Sollte ich mir nochmal die Blöße geben und ihm mitteilen, dass das Gerät ständig abschmiert? Niemals! So saß ich also allein mit meinem Stolz und dem von mir selbst gekauften Seuchen-PC in meiner Wohnung und sagte nichts.
Und dann kam Witcher 3 auf den Markt. Ich hatte nichts mit der Witcher-Reihe am Hut, aber ließ mich schnell von dem Hype anstecken und stopfte wenige Tage nach Release die Disk in die röchelnde Todesmaschine. Dass die Installation bereits beim vierten Versuch ohne Abstürze klappte, ließ mich kurz wieder an einen Gott glauben.
Kurz darauf verlor ich mich in der liebevoll gestalteten Welt, die mit der Angst vor dem nächsten Absturz im Hinterkopf direkt viel aufregender war. Manchmal war es nur eine Frage von Minuten, bis Geralt einfror und ich die Ausgeburt der Technikhölle aus- und wieder einschalten musste.
Über den Sinn und Unsinn des Kampfsystems von Witcher 3 lässt sich streiten, aber die Zusammentreffen mit den wütenden Kreaturen schnell hinter mich zu bringen, um vor dem drohenden Bluescreen nochmal speichern zu können, war mein persönliches Dark Souls. Ohnehin wurde die Schnellspeicherfunktion zu meinem liebsten Feature des Spiels. Ich drückte F5 bald so routiniert wie ein Lokführer, der alle dreißig Sekunden kurz das Totmannpedal loslassen muss, um zu signalisieren, dass er nicht leblos in sich zusammengesackt ist.
Ich habe nicht mitgezählt, wie oft ich in den 150 Stunden Spielzeit, die ich in Witcher 3 investiert habe, den tuberkulösen Pest-Rechner neustarten musste. Ich möchte es mir auch nicht ausrechnen. Was ich aus der Geschichte mitnehme? Dass ich meinen Stolz öfter mal beiseitelegen sollte. Und, dass meine Frustrationstoleranz vielleicht doch für das richtige Dark Souls ausreicht.