Gaming Mein Schönstes Scheitern (2019)

Mein Schönstes Scheitern: My true happy ending

4. Mai 2019


Schlechte Endings, damit wollen sich Larissa und ich innerhalb dieser Reihe befassen. Schlechte Endings, die wir so gar nicht haben kommen sehen. Immer mehr Spiele setzen auf Entscheidungsmöglichkeiten und Events, die das Outcome am Ende beeinflussen. Sei es durch Dialogoptionen oder tatsächliche Handlungen. Viele denken bei sowas wahrscheinlich an die Telltale-Spiele oder eventuell Until Dawn, wobei hier eher nur die Entscheidungen den eigentlichen Spielverlauf, weniger das Ende beeinflussen. Meinen ersten Kontakt mit so einem Spiel hatte ich jedoch schon etwas früher.

Persona 4, damals noch auf der PlayStation 2, gehört mit zu den Lieblingsspielen meiner Jugend. Ich war einfach überrascht davon, wie viel Story ein Spiel haben kann und diese dabei dennoch irgendwie alltäglich ist? Und wie alltäglich sich alles anfühlt und dennoch ist es spannend? Wer Persona nicht kennt, in der Spielreihe spielt man grundsätzlich immer eine Gruppe von Schülern, an denen es gelegen ist, irgendein mystisches, dunkles, böses Vorkommen zu ergründen und zu „besiegen”. An sich sind die verschiedenen Spiele jedoch ansonsten unabhängig voneinander und unterscheiden sich immer mit der Hauptthematik. Einige werden wahrscheinlich auf den Hype-Train mit Persona 5 gestiegen sein, bei denen Herzen gestohlen und Gefängnisketten gebrochen werden. Es gibt keinen tatsächlichen, direkten Antagonisten, mehr das allgemein Zweifelhafte oder gar Böse, das in jedem Menschen irgendwie in irgendeinem Ausmaß vorhanden ist. In Persona 4 ist das anders, es gib ganz klar einen Gegenspieler, aber herauszufinden wer das überhaupt ist, das ist die eigentliche Sache.

Der Protagonist kommt für ein Austauschjahr in die Kleinstadt und zeitgleich beginnen mysteriöse Morde stattzufinden. Immer, wenn die Stadt morgens vom Nebel umhüllt ist, tauchen Leichen auf. Gleichzeitig kursiert an den Schulen das Gerücht um den Midnight Channel. In einer regnerischen Nacht, um Punkt 0 Uhr, schaltet sich der Fernseher automatisch an und wechselt auf den Midnight Channel, der einem seinen Seelenverwandten zeigt. Auf Regen folgt Nebel und schnell findet man heraus, dass der Midnight Channel keinen Seelenverwandten, sondern das nächste Opfer zeigt. Näher möchte ich auf die Story aber auch gar nicht eingehen und der Artikel sollte auch sonst spoilerfrei bleiben, also keine Angst.

Wie bereits erwähnt ist die Hauptmotivation, neben dem Retten der nächsten Opfer, das Herausfinden, wer der mysteriöse Killer ist. Gerade zum Ende der Story hin muss der Spieler in Dialogoptionen selbst Entscheidungen und Schlüsse treffen, was er meint, auf wen die Motive zutreffen und warum. Man selbst hat über Stunden hinweg zuvor ermittelt, nun nimmt uns das Spiel nicht an die Hand, nun ist es an uns selbst zu entscheiden, wer all die Zeit über unser Gegenspieler ist.

Persona 4 war mein erstes Persona-Spiel, weder wusste ich, in wie weit Entscheidungen in dieser Reihe Einfluss habe, noch dass es verschiedene Endings gab. Ich habe bereits angesprochen, wie alltäglich vieles in den Spielen dennoch gestaltet ist. Man begleitet die Schüler in ihrem Schulleben, bekommt ihre Probleme mit, die mit Mobbing, Stress, Druck und allem sonst so typischen für die Schulzeit daher kommen. Es beschönigt nichts. Und so habe ich auch angenommen, dass das Ende, das ich mir damals erspielt habe, so sein soll. Es war kein Happy Ending, ich war tatsächlich sehr traurig über das Outcome. Aber ich dachte, es gehört einfach dazu. Die Welt ist nicht immer ein happy place, es kann auch düstere und dunkle Zeiten geben. Und ich fand es tatsächlich durchaus interessant, dass dieses Spiel, dass mich so begeistert hat, so enden sollte.

Ein paar Jahre später, ich gehe mittlerweile auf die Uni. Für die, die es nicht wissen, ich habe Japanologie studiert, ein Studiengang, in dem man so einige Videospiel-Fans findet und auch einige, die damals schon die noch im Westen als Geheimtipp gehaltene Persona-Reihe kennen. Und zum ersten Mal habe ich erfahren, dass ich in Persona 4 nicht das true ending, sondern eines der bad endings erreicht habe. Darüber hinaus, das Spiel sollte mir eigentlich noch 10-20 Stunden mehr an Haupthandlung geben, hätte ich mich richtig entschieden. Ich war noch lange nicht am Ende!

Ihr könnt gar nicht glauben, wie aufgeregt ich in diesem Moment war. Das Spiel, das bis dato als mein Lieblingsspiel galt, und ich kannte es nicht mal komplett, noch das wahre Ending!

Glücklicherweise kam kurze Zeit darauf die überarbeitete Version, Persona 4: Golden, für die PlayStation Vita raus und ich hab mich gefreut, auf ein Neues in die TV-Welt eindringen zu können – diesmal mit mehr Bedacht in meinen Entscheidungen. Und so habe ich Jahre später, nachdem ich das bad ending tatsächlich einfach so hingenommen habe, nun auch endlich das true ending sehen können.

Über die Autorin

Sophia macht „irgendwas mit Medien“ und ist dabei vornehmlich in den Bereichen XR/AI, Webvideo und Gaming unterwegs. Auch in ihrer Freizeit widmet sie sich neben Büchern und Serien den Videospielen und schreibt zusammen mit Larissa am Blog „Red Riding Rogue“

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    Über mich und diesen Blog

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    Aurelia Brandenburg - Historikerin und Bloggerin. Ich beschäftige mich meisten mit Mittelalter, Digital Humanities und Game Studies, nicht zwingend immer in dieser Reihenfolge. Auf Geekgeflüster schreibe ich seit 2012 über Popkultur, inzwischen oft aus einer feministischen Perspektive und manchmal auch über Popkultur und Geschichte, insbesondere Popkultur und Mittelalterrezeption. Außerdem schreibe ich auch für Language at Play. Auf Twitter findet man mich als @hekabeohnename.


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