Bis zum Jahr 2014 waren mir Multiplayer Online Battle Arena-Spiele, kurz MOBAs, noch fremd. Doch die zahlreichen Spielfiguren und deren umfangreiche Hintergrundgeschichten hatten mich neugierig gemacht. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass mich Dota 2 vor eine unlösbare Gleichung stellen würde.
Ich erinnere mich noch recht gut an das Jahr 2014. Ich hatte einen gutbezahlten Job, meine eigene Wohnung, Vertrauensarbeitszeit, Home-Office. Also viel Zeit zum Spielen der unterschiedlichsten Spiele. Als ich eines Abends gerade keine Lust mehr auf Destiny hatte, kam mir die Einladung meines Bruder gerade recht: „Hast du vielleicht Lust mal Dota 2 zu probieren? Das ist so ein MOBA.“ Ich hatte Lust. Nachdem ich meinen Laptop hochgefahren, Steam gestartet und Dota 2 geladen hatte, sollte es losgehen. Da fiel mir ein, ich hatte gar nicht gefragt, was ein MOBA ist.
Im Endeffekt versuchen zwei 5-köpfige verfeindete Teams auf einer geschlossenen Karte, der Arena, die Basis des gegnerischen Teams zu pulverisieren. Dabei helfen ihnen die „creeps“, computergesteuerte Einheiten sowie „towers“, die in der quadratischen Arena einer diagonale und zwei rechtwinkligen „lanes“ entlang jagen beziehungsweise Wache halten. Die „creeps“ und „towers“ erschweren dabei natürlich die Zerstörung des gegnerischen Stützpunkts.
Scheint ja einfach zu sein, oder? Klar, so kompliziert kann es nicht sein. Sprechen wir jetzt mal über die interessanten Spielfiguren, die Heldinnen und Helden von Dota 2. Viele von denen folgen nämlich einem kreativen Design. Das umfasst nicht nur die jeweilige Ästhetik, sondern auch ausgeschmückte, lebendige Hintergrundgeschichten. Manche sind so inspirierend, dass Einige schon ihre Bleistiftspitzen lecken und einen Stapel Papier bereitlegen, um mit der nächsten Fan-Fiction loszudonnern. Blöd nur, dass diese narrativen Elemente eher schmückendes Beiwerk sind.
Natürlich lassen sich aus den Geschichten Informationen zum Erscheinungsbild oder den jeweiligen Fähigkeiten der Heldinnen und Helden ablesen. Schöne Sache. Wo wir schon bei Fähigkeiten sind: Ab hier kann es das erste Mal unübersichtlich werden. Zumindest wurde es das für mich.
Die Gleichung
Jede Heldin oder Held verfügt über vier einzigartige Fähigkeiten. Drei Standardfähigkeiten und eine ultimative Fähigkeit („ulti“). Diese Fähigkeiten werden im Laufe einer Spielrunde durch das Sammeln von Erfahrungspunkten aufgewertet. Die maximale Stufe ist dabei 25. Egal ob Blitze, schwarze Löcher oder fliegende Äxte: Die Fähigkeiten der Heldinnen und Helden haben einiges zu bieten. Allerdings können sie natürlich nicht ständig eingesetzt werden („cooldown“). Wäre ja unfair.
Ab hier merken wir uns einfach mal den Wert (116 • 4). Später mehr dazu.
Neben den Fähigkeiten besitzen die Figuren auch Nah- und Fernkampf-Attacken („melee and range attacks“), die sie einsetzen können, um herannahende gegnerische „creeps“ auszuschalten oder die Verbündeten zu opfern („deny“). Denn durch das Ausschalten der „creeps“ sammeln die Spieler_innen wertvolles Gold für ihre Spielfiguren und wer galant einen der eigenen Bauern im richtigen Moment opfert, vermeidet somit, dass bei den gegnerischen Heldinnen und Helden der Rubel rollt.
Gold kann allerdings auch durch das Eliminieren anderer virtueller Bewohner_innen der Arena verdient werden. Dabei handelt es sich um computergesteuerte Monster („neutral creeps“), ist sich an festen Plätzen („camps“) in der Arena befinden. Um eine gewisse Übersicht zu gewährleisten, werde ich jetzt nicht darauf eingehen, dass man diese „neutral creeps“ in ihren „camps“ potenzieren, als „stacken“ kann. Sollte ich dich bis hierhin nicht verloren haben und du an weiteren Informationen zu „camp stacking“ interessiert sein, google doch mal.
Das verdiente Gold kann anschließend in unterschiedlichen Shops („base and side shops“) gegen wertvolle Gegenstände („items“) eingetauscht werden. Die „items“ bieten dabei alles, was das Heldinnen- und Helden-Herz begehrt: Heiltränke, magische Ringe und Amulette, Schwerter, Zepter, Zauberstäbe – und alle mit ihren ganz speziellen Fähigkeiten und Attributen. Die mächtigsten „items“ lassen sich dabei aus anderen „items“ zusammenbauen. So bahnen sich die Spieler_innen langsam den Weg zum gewünschten mächtigen „item“. Ein solches Ökonomiesystem könnte vielleicht überfordern.
Darum möchten wir an dieser Stelle zu dem Wert (116 • 4) noch den Wert 151 addieren. Was könnte das nun ergeben?
Das Ergebnis der Gleichung
Ich möchte gleich vorwegschicken, dass ich kein Mathe-Fan bin, aber wenn ich diese erstellte Gleichung nun auflöse, sieht das folgendermaßen aus:
(116 • 4) + 151 = x
464 + 151 = x
615 = x
Im Detail bedeutet dies, dass ich 116 Heldinnen und Helden habe, die jeweils vier Fähigkeiten besitzen. Diese Heldinnen und Helden sowie deren Fähigkeiten können durch 151 Gegenstände verbessert werden. x ist somit die Summe all meiner Frustration – und eigentlich nicht bestimmbar. Und nur am Rande: Ich gehe gerade von der aktuellen Anzahl an Spielfiguren und Gegenständen aus. Als ich damals 2014 mit Dota 2 begann, waren es noch ein paar Heldinnen und Helden als auch Gegenstände weniger. Die Frustration kann also heute nur höher ausfallen.
Dota 2 macht den Einstieg bereits so schwer, dass ich mich von Anfang an durchbeißen musste. Denn wer nicht schnell genug mit mindestens zwei Händen voll Heldinnen und Helden sowie deren typischen Gegenständen zurechtkommt („item builds“), verzweifelt nicht nur an der Spielmechanik, sondern wird regelmäßig von seinen Mitspieler_innen und eventuell den Gegenspieler_innen gescholten. Ich meine hier nicht nur ein wenig „Ha ha, bist du schlecht.“ Es wird verbal richtig auf die Kacke gehauen. Misogynie, Homophobie und Rassismus inklusive.
„Schönstes“ Scheitern?
Was soll ich sagen. Ich habe mich selbst gefordert. Ich wollte verstehen und lernen. Ich war sogar in Gruppen und Clans. Es hat alles nichts gebracht. Dota 2 wollte sich mir nicht erschließen. Zudem taten mir meine Finger weh: Der rechte Mittelfinger lahmte durch das viele Rechtsklicken und meine linke Hand stellte vollkommen den Betrieb aufgrund des vielen Herumdrückens auf den Nummerntasten ein.
Das mag vielleicht klingen, als hätte mir Dota 2 nichts gegeben. Tatsächlich spiele ich es noch von Zeit zu Zeit, wegen den faszinierenden Figuren und deren Geschichten. Was mir Dota 2 jedoch auf jeden Fall geschenkt hat, ist das Interesse an dem Genre des MOBAs. Wenn nur wenig Dota 2, dafür mehr Vainglory auf dem iPad. Denn Vainglory besitzt bislang noch weniger Heldinnen und Helden, weniger Gegenstände, eine kleinere Arena und das Beste: Niemand verwendet den Voice-Chat. Ich freue mich und hoffe Dota 2 nicht zu sehr zerrissen zu haben, denn wenn man vielleicht noch wesentlich geduldiger ist und viel Zeit investiert, der wird bestimmt viel Spaß mit dem Spiel. Ansonsten eben Vainglory.