Seit Jahren sage ich immer wieder, meistens in doch eher scherzhaftem Ton, dass ich Blizzard als Spieleentwickler alles abkaufen würde, und das mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Es fing mit „Warcraft“ an, lief weiter über „World of Warcraft“ und zahlreiche andere Spiele. Dass ich mein Herz schlussendlich an einen teambasierten First Person Multiplayer Shooter so richtig verlieren würde, das hätte ich allerdings nie wirklich gedacht. Doch dann kam „Overwatch“.
Klar, ich könnte jetzt über das tolle Spieldesign reden. Oder die coolen Karten, auf denen man spielen kann. Was mich an „Overwatch“ aber fasziniert, neben der Tatsache, dass ich viel Zeit mit Freunden im Spiel verbringe, sind die Figuren. Mehr als 20 gibt es, sie sind grob in vier Gruppen aufgeteilt: Offensive und defensive Helden, Tanks (die stecken gut Schaden ein) und Heiler. So weit, so gut, könnte man meinen. Doch Blizzard stattet nach und nach alle Charaktere mit immer mehr Hintergrundgeschichte aus. Sicher, man kann das Spiel auch einfach so genießen und muss sich theoretisch darum nicht kümmern. Mich kriegt man mit sowas allerdings viel zu leicht rum.
So erkundete ich die Geschichte der vielen, verschiedenen Figuren. Verbrachte Zeit bei Youtube und auf Reddit, um meine eigenen Theorien mit denen anderer Fans abzugleichen. Recht schnell beschloss ich, dass die Heilerin Mercy meine meistgespielte Figur, mein „Main“ werden sollte. Sie ist eine Ärztin aus der Schweiz, und da ich gerade frisch dorthin ausgewandert war, erschien mir das irgendwie vernünftig. Doch schon bald wollte ich nicht länger nur heilen, ich wollte auch mal so richtig für Action sorgen. Also probierte ich herum und blieb relativ schnell bei Pharah hängen. Dank ihres Anzuges kann sie fliegen und setzt ihren Feinden mit ihrem Raketenwerfer ordentlich zu. Das gefiel mir! Natürlich war ich am Anfang eine hundsmiserable Pharah-Spielerin. Doch ich lernte, ich schaute mir Videos von Profis an und wurde besser. Kurzum: Ich hatte einen Heidenspaß, Gerechtigkeit vom Himmel regnen zu lassen, wie Pharah selbst es so schön sagt.
Hier ist ein Video, in dem man sich ein komplettes Match aus Pharahs Perspektive anschauen kann:
Dann kam der Alles ändernde Moment. Die Entwickler kündigten, wie sie das in regelmäßigen Abständen machen, einen neuen Charakter an. Eine Heilerin, die mit einem Scharfschützengewehr unterwegs ist. So weit, so gut. Mein Interesse an sogenannten Snipern ist eigentlich nie besonders hoch gewesen. Bis dann ein Video veröffentlicht wurde, in dem auf ihre Hintergrundgeschichte eingegangen wurde. Es stellte sich heraus, dass es sich bei Ana, dem neuen Charakter, um die Mutter von Pharah handeln würde! Bisher kannte ich sie nur aus kurzen Interaktionen der einzelnen Figuren vor Matchbeginn. Meine kleine „Overwatch“-Welt wurde dadurch jedenfalls kräftig ins Wanken gebracht. Schaut euch kurz das Video an, in dem Ana vorgestellt wurde:
Über die Tatsache, dass Overwatch es möglich macht, Figuren verschiedener Nationen, Altersklassen und Körperbautypen zu spielen, könnte ich vermutlich noch einen weiteren Artikel füllen. Mit Ana kam nun nicht nur eine ziemlich coole Scharfschützin ins Spiel, sondern eine Mutter. Die Mutter der Figur, die mir bereits so viel Spaß bereitet. Und so entdeckte ich eine ganz neue Seite an Pharah, oder Fareeha Amari, wie sie eigentlich heißt. Dass sie eine pflichtbewusste Soldatin war, das wusste ich bereits. Aus dem Spiel ging auch durch Interaktion mit anderen Figuren bereits hervor, dass sie Overwatch gerne beigetreten wäre. Doch die Tragik der Geschichte ihrer Mutter, der sie so gerne nacheifern wollte, das gab dem ganzen eine neue Dimension. Wenn die beiden zusammen in einer Gruppe gespielt werden, dann unterhalten sich die Figuren vor Kampfbeginn manchmal miteinander, und die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist geprägt von Liebe, Verständnis und Unterstützung.
So sagt Pharah beispielsweise Dinge wie „Mama, ich weiß das du nicht wolltest, dass ich Overwatch beitrete, aber das ist, was ich noch immer will“, woraufhin Ana antwortet „Ich wollte dieses Leben nicht für dich, aber es ist deine Entscheidung und ich werde dich unterstützen.“ Auch Interaktionen mit anderen Charakteren zeichnen das Bild einer Mutter, die um ihre Tochter besorgt war, sowie einer Tochter, die in ihrer Mutter ein großes, wenn auch entfremdetes Vorbild sah.
Für mich persönlich macht diese Hintergrundgeschichte, das sorgfältige Weben eines feingesponnenen Netzes rund um die einzelnen Charaktere, „Overwatch“ zu viel mehr als nur einem Shooter. Vielschichtige Figuren wie Pharah schaffen es, dass ich eine Verbindung zu ihnen aufbaue, ihre Geschichte erforschen möchte und das Gefühl habe, mich in einer runden, formvollendeten Welt zu befinden. Ob das von Blizzard so gedacht war? Wer weiß das schon, bei mir funktioniert es jedenfalls hervorragen. Auch wenn „Overwatch“ manchmal stressig ist und ich mich tödlich über meine Mitspieler ärgern kann, ich komme immer wieder zu diesem Spiel und zu Pharah zurück, denn irgendwer muss ja den Himmel für das eigene Team freihalten.
2 Comments
Aurea
27. Januar 2018 at 10:19Vielen Dank 🙂
Mir ging das am Anfang genauso. Ich hatte ab und zu bei meinem Freund zugeschaut und das sah schon ganz cool aus, Mich haben sie dann mit diesem Video hier drangekriegt: https://www.youtube.com/watch?v=to8yh83jlXg
Ich sass danach in einer Ecke vom Bett und hab Rotz und Wasser geheult und da war klar: Ich muss mir das auch mal anschauen. Tja, und jetzt bin ich seit über einem Jahr dran und es macht mit jedem Tag mehr Spaß, weil man ja immer dazulernt. Solltest du am PC spielen wollen, meld dich ruhig, man findet mich mit dem Battletag Livaine#2773 🙂
Sina
27. Januar 2018 at 10:08Ach, krass!
Ich hatte Overwatch bisher nur als einen weiteren Shooter abgetan. Ich wusste zwar, dass der Hype groß ist und alle von den Charakteren schwärmen, aber irgendwie wollte ich es wohl nicht wahrhaben, dass auch Charaktere in Shootern Persönlichkeiten haben können.
EIn sehr schöner Artikel!
Vielleicht nehme ich Overwatch demnächst auch mal in die Hand 🙂