Im kalten Norden von Westeros führen die Starks ein eigentlich ruhiges und komfortables Leben. Die Familie ist kinderreich, es herrscht Frieden und von Norden her beschützt die Nachtwache das Land vor Eindringlingen. Aber dann bekommt Lord Eddard Besuch von einem alten Freund: König Robert reist nach dem Tod ihres gemeinsamen Ziehvaters den weiten Weg aus der Hauptstadt nach Winterfell, um ihn um einen Gefallen zu bitten. Ned soll die neue Hand des Königs werden, was eine große Ehre und eine große Bürde in einem ist. Denn damit wird er sein Zuhause verlassen müssen, um im Schlangennest des Südens seinem König zu dienen. Ein Weg, der schon seinem Vater und seinem älteren Bruder kein Glück gebracht hat.
Machen wir es kurz und bringen zur Abwechslung einmal das wichtigste zuerst: Ich habe insgesamt meine Probleme mit George R. R. Martin und so auch mit “Das Lied von Eis und Feuer”. Schon irgendwann im letzten Jahr habe ich den ersten Teil von “A song of ice and fire” auf Englisch gelesen, aber jetzt, wo ich mir noch einmal das deutsche Hörbuch zu Gemüte geführt habe, bin ich mir wieder einmal meiner Vorbehalte mehr denn je bewusst geworden. Das ist zwar alles Jammern auf hohem Niveau, aber trotzdem.
Aber alles auf Anfang: Ich mag Martins Welt Westeros, ich mag auch das Konzept, dass er seinen Lesern keine shiny Glitzerpower-Märchenwelt voller edler Prinzen und schönen Prinzessinen vorsetzen will, sondern ein “historisch” angehauchtes Land voller Gewalt, und ich mag genauso ein paar seiner Figuren – gerade unter den Frauen – wie z.B. Cersei Lannister. Gleichzeitig sind diese eigentlich positiven Punkte auch ein paar meiner ganz grundlegenden konzeptuellen Probleme, die ich mit den Büchern habe und die sich auch in der Serie fortsetzen.
Einmal ganz davon abgesehen, dass man über die “Historizität” von Fantasy-Romanen mit vom Mittelalter oder der frühen Neuzeit inspirierten Setting sowieso streiten kann, habe ich bei Martin immer wieder das Gefühl, dass er einmal die – für sich genommen tatsächlich wirklich interessante – Idee einer wirklich düsteren Mittelalterwelt hatte und dann nicht mehr davon genug bekam, diese Grausamkeit der Welt seinen Lesern ins Gesicht zu reiben. Guck mal, hast du gesehen, dass Westeros ein böser und gefährlicher Ort ist? Ja? Hast du’s gesehen? Gut, dann kann ich das ja noch direkt nochmal betonen.
Das ist manchmal interessant und spannend, aber manchmal einfach der Tick zu viel, der mich auch letztes Jahr an “Wild Cards” gestört hat. Dieser kleine Schritt, der eine gute Idee zum Klischee macht.
Deswegen mag ich z.B. auch von Martins “starken Frauen” Sansa oder Cersei, ja sogar Cat sehr viel lieber als Arya oder Daenerys, auch wenn letztere im Buch sehr viel besser zur Geltung kommt als in der Serie. Gerade die Tragik von Cersei entfaltet sich für mich als Leser relativ langsam, sie startet als eine Antagonistin, gewinnt aber dann sehr stark an Tiefe und fasziniert mich deswegen nach wie vor – gemeinsam mit Sansa, die ähnlich wie Joffreys Mutter lernen muss in dem ihr gegebenen Rahmen zu überleben – von allen Figuren am meisten. Arya oder Dany sprengen beide diesen Rahmen kurzerhand, dafür bleiben beide (v.a. Arya) auch ein wenig in dem stereotypen Klischee einer Powerfrau gefangen.
Machen wir uns nichts vor: “Die Herren von Winterfell” ist ohne Zweifel ein gutes Buch und auch das Hörbuch hat mir gut gefallen. Der Sprecher ist angenehm und passend, die Geschichte fand ich in ihrer groß angelegten Planung von Anfang an faszinierend, allerdings nutzt sich für mich dieses gewollt grausame bzw. düstere Konzept einfach ab. Ich mag es oft lieber, wenn etwas mir genau das, was nicht gesagt wird, mir als Leserin eine Gänsehaut beschert oder mich sonst irgendwie ans Buch fesselt.
“Die Herren von Winterfell” (Hörbuch) auf der Verlagswebsite. (An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an den Verlag für das Rezensionsexemplar über das Bloggerportal.)
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