Geekgeflüster Januar ’18: Authentizität, Glory und Endlosschleifen

Der letzte Monatsrückblick mit Linktipps ist eine ganze Weile her und seitdem ist eine ganze Menge passiert, weshalb euch eine Art “Geekgeflüster Deluxe” erwartet. Mit dabei: Historische Authentizität und die “Kingdom Come: Deliverance”-Debatte, Überlegungen zum Kunstwerk Spiel, weibliche Hörbuchsprecherinnen für Fantasy und noch einiges mehr.

• “Das ‘authentischste’ Historienspiel aller Zeiten?! Die gewaltige Schräglage von ‘Kingdom Come: Deliverance'” (lepetitcapo)

  Wer im Januar nicht gerade eine Twitter-Pause eingelegt hat und sich für Gaming interessiert, hat diesen guten und wichtigen Artikel des Historikers Jan Heinemann zur Problematik um das Mittelalter-RPG “Kingdom Come: Deliverance” längst mitbekommen. Das Spiel wird exzessiv als “historisch authentisch” vermarktet, während sein Lead Designer offenbar Konzepten von einem “rein weißen europäischen Mittelalter” anhängt, die eine lange rechte Tradition haben. Der Artikel hat außerdem eine ganze Reihe von Reaktionen provoziert, von denen ich besonders Rainer Sigls Artikel für den Standard, Guddys Betrachtung der Debatte auf Fried Phoenix und diese Folge des Pixeldiskurs-Podcast für besonders gut halte. Außerdem hat Jan Heinemann selbst eine Presseschau zusammen gestellt, in der ihr euch auch durch das mehr oder weniger gesamte Spektrum der Reaktionen klicken könnt. Zum ursprünglichen Text.

• “Symposion 01: Videospiele und Geschichte — eine Herausforderung für alle” (ArchaeoGames)

  Die erste Folge des Diskussionsformats des ArchaeoGames-Podcasts benutzt zwar auch die “Kingdom Come”-Debatte als Aufhänger, geht aber einen Schritt weiter, weshalb ich sie hier noch einmal gesondert nennen möchte. Dom Schott diskutiert mit der Politikwissenschaftlerin Carolin Wendt und Jan Heinemann über das Problem von Authentizität, Medienkompetenz und politische Einflüsse und hebt damit denke ich die Debatte ein wenig auf die allgemeinere Ebene, für die “Kingdom Come: Deliverance” nur ein extremes Beispiel ist. Wenn ihr etwas sucht, womit ihr langfristig etwas aus der Debatte mitnehmen könnt, dann das. Zur Podcastfolge.

• “GASTSPIELER: Krieg der Rubriken – Spielejournalismus in Deutschland” (SPIELKRITIK.com)

  Kommen wir noch einmal kurz zur Gaming-Presse: Yannic Hertel hat für Spielkritik einen Gastartikel über spielejournalistische Angebote als Spektrum statt als Lager mit scharfen Fronten. Gerade weil ich finde, dass der Text sich sehr unaufgeregt und versöhnlich statt angreifend liest, ist der auf jeden Fall einmal einen Blick wert. Zum Text.

• “Glory to Mankind, Religion und Krieg – Was DOOM und NieR: Automata uns über ein englisches Lehnwort verraten” (Language at Play)

  Pascal Wagner hat sich auf Language at Play damit beschäftigt, wie sich die Bedeutung des Wortes “glory” im Englischen seit dem 11. Jahrhundert gewandelt hat und was das mit modernen Videospielen zu tun hat. Die Verbindungen, die er herstellt, sind zwar eher unterschwellig zu finden, sind aber auch genau deshalb unglaublich spannend, weil sie eine eigene Ebene eröffnen. Zum Text.

• “Über das Kunstwerk Spiel, die Beziehung zwischen Spiel und Spieler und wieso ich keine DLC mag” (CROSSMEDIACULTURE)

  Was stellt das Prinzip von DLCs mit deinem Spiel als Werk an? Und warum ist diese Politik eigentlich aus einer künstlerischen Perspektive eher merkwürdig? Auf Crossmediaculture finden sich dazu ein paar interessante Überlegungen, die auf jeden Fall einen Blick wert sind. Zum Text.

• “In Endlosschleife” (schraeglesen)

  Videospiele werben gerne damit, dass jedes Ende einzigartig wäre und nur beim Spieler liegen würde, während ein neuer Durchgang dann eben doch nur halb so viel Veränderung bringt wie das Marketing verspricht. Im Zuge des Specials zu Enden auf schraeglesen hat sich Cäcilia mit den doch nicht so endgültigen Enden von vielen Spielen beschäftigt und dabei ein paar sehr interessante Gedanken aufgeschrieben. Zum Text.

• “Wir müssen reden #2: Guilty Pleasures” (Die fabelhafte Welt der Aurea)

  Sandra hat einen sehr guten Text darüber geschrieben, warum der Begriff von “guilty pleasure” eigentlich Quatsch ist. Auch wenn ich den Begriff für Geschichten verwende, die z.B. als kindisch oder seicht gelten, die man aber trotzdem oder genau deswegen mag, und die Bezeichnung gar nicht so schlimm finde, argumentiert sie hier finde ich sehr gut und hat im Grunde recht. Und nachdem ich ja eigentlich auch ein Problem z.B. mit dem shaming von Mary Sues habe, kann ich euch den Post nur ans Herz legen. Zum Text.

• “GASTSPIELER: Die Mediokren: Ein Plädoyer” (SPIELKRITIK.com)

  Und noch ein sehr guter Beitrag der “GASTSPIELER”-Reihe auf Spielkritik: Spiele sollen verständlicher Weise meistens in erster Linie umwerfend und absolute Perlen sein, schlicht der nächste große Hit, der alles und jeden vollkommen vom Hocker haut. Warum Mittelmäßigkeit trotzdem manchmal genau das Richtige sein kann, schreibt Urs in seinem Plädoyer dafür, in dem ich Vieles finde, mit dem ich mich auf identifizieren kann. Soll heißen: Eindeutige Leseempfehlung. Zum Text.

• “(Hörbuch) Was qualifiziert eine professionelle Sprecherin für Fantasyliteratur?” (Verlorene-Werke)

  Auf ihrem Blog Verlorene Werke wirft Daniela ein paar interessante Fragen zu Frauen im literarischen Fantasy-Betrieb auf. In erster Linie aufgezogen an der Seltenheit von weiblichen Sprecherinnen bei Hörbüchern zu Fantasy-Romanen stecken in dem Text aber auch ein paar allgemein wichtige Punkte. Zum Text.

• “FANTASY BATTLES” (Terrible Writing Advice)

  Die Terrible Writing Advice-Videos sind meistens sowohl unterhaltsam als auch gut beobachtet, wenn es um die Klischees geht, die damit parodiert werden. Das gilt auch und vielleicht sogar ganz besonders für dieses Video über Schlachten und Militärwesen im Fantasy, in dem ein paar interessante und weit verbreitete Logiklücken angesprochen werden. Zum Video.

Und zum Schluss möchte ich auch noch einmal kurz darauf hinweisen, dass die #Lieblingskritiken, für die ich auch ein paar Beiträge nominiert habe, ausgewertet sind und eine sehr schöne und ausführliche Liste mit tollen Beiträgen über Videospiele aus dem Jahr 2017 entstanden ist. Wer gerne ein wenig stöbern möchte, sollte deshalb hier unbedingt auch vorbeisehen.