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5 Zimmer, Küche, Sarg: Vampir-WG sucht Mitbewohner

22. Januar 2017
5 Zimmer, Küche, Sarg

Foto: “Katja Jakob” / www.jugendfotos.de, CC-Lizenz(by) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0/deed.de

Das Leben in einer WG ist nie ganz spannungsfrei. Berge an dreckigem Geschirr, lange Partynächte oder einfach fragwürdige Hygiene im Allgemeinen – Mit Mitbewohnern kann es leicht mal kompliziert werden. Das ist auch nicht anders, wenn die Beteiligten zwischen 183 und 8000 Jahre alt sind. Und erst recht nicht, wenn es sich bei ihnen um untote Blutsauger handelt.

Auch Vampire haben’s schwer

Vielleicht lag es an “Buffy” und der großen Wirkung dieser Serie, aber irgendwann seit Angel in den 90ern verliebt leidend in die Gegend gestarrt hat, sind Vampire in der Popkultur mehr und mehr zum Inbegriff des kitschgeladenen tragischen Helden mutiert. Edward Cullen glitzert vor sich hin und macht sich Sorgen um die Seele seiner Bella, Stefan und Damon Salvatore streiten sich testosterongeladen um ihre Elena und selbst blutigere Auswüchse wie “Interview mit einem Vampir” beschäftigen sich gerne mit leidenden Männern. “5 Zimmer, Küche, Sarg” macht das auch in gewisser Weise, nur entsprechend des Genres der Mockumentary wird das Gejammer der Protagonisten nicht ernst genommen. Viago, Deacon, Vladislav und Petyr haben sich zwei ein ganz beschauliches Leben in ihrer Untoten-WG eingerichtet, aber das hält sie natürlich nicht davon ab, zu jammern. Viago beschwert sich, dass Deacon seit fünf Jahren nicht mehr abgewaschen hat, Vladislav trauert dem Mittelalter und Folterzeiten nach und Deacon bemüht sich peinlich genau um sein Image als Bad Boy-Vampir. Das klingt schräg? Ist es auch und genau deshalb auch wunderbar.

Als wären diese vier Typen nicht schon seltsam genug geht nämlich ein gemeinsames Abendessen ein wenig schief und Petyr verwandelt den Menschen Nick in einen Vampir. So bekommt die angestaubte Spießigkeit der älteren Untoten einen neuen Anstrich, als Nick mit in die WG zieht und den anderen seinen Kumpel Stu vorstellt. Der zeigt Viago, Deacon und Vladislav nicht nur, was sich technisch in den letzten 200 Jahren so getan hat, sondern wird auch schnell ein freundschaftlicher Anhang der Gruppe akzeptiert. Das ist manchmal urkomisch, durchgehend schrullig und abgedreht, aber auch immer charmant. Denn Stu kann sich noch so sehr Mühe geben, den Vampiren Google zu erklären, Viagos erste Frage an die Suchmaschine ist, wo denn sein Seidenschal abgeblieben ist, den er 1912 verloren hat.

Ein charmanter Bruch mit Klischees

Inhaltlich dreht sich die Handlung dabei insgesamt episodenhaft etwas im Kreis, was bei dem Reality Show-Stil einer Mockumentary auch zu erwarten war, aber trotzdem macht das Situative daran sehr viel Spaß. Die Blutsauger haben dieselben Probleme wie alle anderen auch. Nur eben in blutig. Und mit etwas mehr Hintergrundgeschichte. Das führt neben den skurillenen Szenen und Dialogen obendrein zu ein paar netten Zitaten an Klassiker der Vampirfilme. Nicht alle sind immer so subtil oder pointiert gesetzt wie sie es sein könnten, reichen aber trotzdem als ganz lustige Eastereggs. Von den vielen Stellen, in denen diese Klischees aufgezeigt und dann direkt gebrochen werden, ganz zu schweigen. Vampire und Werwölfe mögen sich nicht, aber als die Gruppe auf ein Werwolfrudel trifft, erinnern sich die Gestaltenwandler an ihr Mantra “Wir sind Werwölfe, keine Streitwölfe!” und ignorieren die Beleidigungen, die Deacon ihnen an den Kopf wirft.

Das macht den Film noch immer zu keiner großen Kunst, aber zu etwas, das wie seine Figuren vielleicht etwas seltsam, aber auch sehr liebenswert ist. Die künstliche Tragik ist da, sie wird nur entwertet und zu einem Problem herabgestuft, das irgendwie ja jeder hat. Petyr hat länger nicht mehr sein Zimmer aufgeräumt? Klar, das ist ein normales WG-Problem. Dass sich nur in diesem Fall menschliche Knochen statt dreckiger Wäsche stapeln, kümmert onscreen niemanden. Natürlich haben diese Art von Witzen in erster Linie etwas Albernes und Seichtes, nur genügt das auch schon für einen unterhaltsamen Film. “5 Zimmer, Küche, Sarg” ist nicht tiefschürfend, satirisch großartig oder wegweisend für das Genre, hat aber auf jeden Fall seinen eigenen Charme. Was will man mehr?

 

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  • Franzi
    23. Januar 2017 at 0:50

    Ich denke auch nicht, dass das nun der größte Film aller Zeiten ist, aber ich habe bemerkt wie gut er beim wiederholten Schauen wird. Wirklich jedes Mal noch lustiger und ein wirklich perfekter zweiter Film, wenn man bei einem Filmeabend zuvor etwas anspruchvolles/anstrengendes/verstörendes zeigt und danach die Anwesenden wieder aus der Schock/Wein-Starre bekommen möchte. Neben der Besetzung und den fantastischen Charakteren sind in diesem Fall auch die Extras einen Blick wert. Vor allem das Special mit Stu und die entfallene Szene mit dem riesigen Auge. *lach*

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Über mich und diesen Blog

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Aurelia Brandenburg - Historikerin und Bloggerin. Ich beschäftige mich meisten mit Mittelalter, Digital Humanities und Game Studies, nicht zwingend immer in dieser Reihenfolge. Auf Geekgeflüster schreibe ich seit 2012 über Popkultur, inzwischen oft aus einer feministischen Perspektive und manchmal auch über Popkultur und Geschichte, insbesondere Popkultur und Mittelalterrezeption. Außerdem schreibe ich auch für Language at Play. Auf Twitter findet man mich als @hekabeohnename.


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